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© Norman Konrad | laif
Interview mit dem Köpenicker Erfolgstrainer

Urs Fischer: Die Ziele des 1. FC Union Berlin

Seit Wochen führte des 1. FC Union Berlin die Bundesliga an. Der Schweizer erklärte im Interview die Ziele seiner Eisernen und ob er tatsächlich immer so gelassen bleibt.

Seit Mitte September stand der 1. FC Union Berlin auf Platz eins der Bundesliga. Im Interview erklärte Trainer Urs Fischer damals, ob die Mannschaft schon vom Titel träumt, wie sich der Erfolg auf den Verein auswirkt und wie er abseits des Platzes tickt.

© Matthias Koch | imago
Fischer mit Union-Präsident Dirk Zingler (M.) und Manager Oliver Ruhnert. Über Zingler sagt er: „Wir sind zwei sehr direkte Typen, sagen, wenn uns was stört.“

23 Punkte aus elf Spielen, die Eisernen auf Platz eins. Union punktet nicht nur, sondern macht auch einen gestandenen, routinierten Eindruck – wie erklären Sie sich die Entwicklung?

Wir arbeiten nicht großartig anders als in der vergangenen Saison. Wichtig ist die Konstanz und Disziplin, die wir bei unserer Arbeit an den Tag legen. Wir gehen unseren Weg weiter und lassen uns nicht von äußeren Einflüssen stören oder beeindrucken.

Die Euphorie im Umfeld ist groß. Wie wird der Erfolg den Verein verändern?

Dieser Verein ist der letzte, der sich durch Erfolg verändern wird. Da muss man sich nur die Geschichte anschauen. Allein deswegen hebt hier niemand ab, wir wissen genau, woher wir kommen.

Was wäre der größte Fehler, den Union Berlin jetzt machen könnte?

Die größten Fehler machst du, wenn du erfolgreich bist. Deswegen werden wir auch in der kommenden Phase mit acht Spielen in vier Wochen nicht nachlassen und weiter akribisch arbeiten.

Die größten Fehler machst du, wenn du erfolgreich bist.

Urs Fischer

Fällt es leichter, in der Rolle des ewigen Underdogs zu spielen?

Du kannst sicher ein Stück weit befreiter aufspielen, wenn deine Fallhöhe nicht so groß ist. Aber da wären wir wieder bei den äußeren Einflüssen. Die Rolle des Underdogs oder des haushohen Favoriten geben uns immer nur andere, nie wir selbst. Deswegen interessieren uns diese Rollen auch nicht.

Erlauben Sie Ihren Spielern, von der Meisterschaft zu träumen?

Unser Ziel bleibt weiterhin der Klassenerhalt, da müssen wir realistisch bleiben. Was dieses Ziel angeht, sind wir alle auf einem Nenner. Auch die Spieler ordnen das realistisch ein.

Aber können hochgesteckte Ziele nicht auch beflügeln?

Wir stecken uns zwar klar definierte Ziele, setzen uns aber keine Grenzen. Das sollte man im Profisport ohnehin nicht tun. Wenn wir die 40 Punkte erreichen, reden wir weiter. Wichtig ist, dass wir unseren Weg Schritt für Schritt gehen. Nach elf Spieltagen als Tabellenführer das jetzige Ziel einzustampfen und ein neues auszurufen, wäre in meinen Augen falsch.

© Pius Koller | imago
Fischer mit seiner Tochter Riana, 28, die selbst bis 2022 beim FC Zürich spielte.

Kann ein gewachsener Verein in der heutigen Zeit noch gegen die Big Player um den Meistertitel mitspielen?

Die Kluft zwischen den großen Teams wie dem FC Bayern oder Borussia Dortmund ist groß. Aber man kann am SC Freiburg erkennen, was man mit Kontinuität und Mentalität erreichen kann. Mit Blick auf die Qualität der Kader von Bayern und Dortmund wird es auf lange Sicht jedoch sehr schwer, mit diesen Teams Schritt zu halten.

Sie haben den Verein aus der zweiten Liga bis in die Europa League geführt. Was war das beeindruckendste Erlebnis?

Einen Moment aus der bisherigen Zeit hervorzuheben, würde dem Ganzen nicht gerecht werden. Der Aufstieg, der Klassenerhalt und die Qualifikation für die internationalen Wettbewerbe waren sicherlich prägende Momente. Aber ich werde auch nie vergessen, wie wir in London gegen Queens Park gespielt haben und uns über 1000 Unioner zu einem Testspiel gefolgt sind – das war Wahnsinn.

Wo sind Sie lieber: an der Alten Försterei oder in den Schweizer Bergen?

Sportlich gesehen ist die Alte Försterei natürlich mein Wohnzimmer, in dem ich schon so viele tolle Erfolge feiern konnte. Aber da Familie das Wichtigste ist und ich sehr heimatverbunden bin, entscheide ich mich für die Schweizer Berge.

Ehrlichkeit ist in diesem Geschäft extrem wichtig.

Urs Fischer

Was vermissen Sie aus der Heimat am meisten?

Ganz klar die Familie, die ich wirklich sehr selten sehe, gerade in dieser Phase der Saison.

Was lässt Sie nachts nicht schlafen?

Ich schlafe immer sehr gut.

Schweizer gelten als ruhige, gelassene Zeitgenossen. Helfen diese Eigenschaften im hektischen Fußball-Geschäft?

Ich denke, es ist schon die Mischung. In den richtigen Momenten musst du auch resolut und direkt sein. Durchgehende Gelassenheit ist im Profisport nicht förderlich.

© Getty Images
Urs Fischer der Spieler: Von 1983 bis 2003 war der Schweizer beim FC Zürich und dem FC St. Gallen erfolgreicher Verteidiger

Was waren Sie früher für ein Spielertyp auf dem Platz?

Ich würde meinen früheren Spielstil als „aggressiven Führungsspieler“ bezeichnen.

Wie kommen Sie mit Union-Präsident Dirk Zingler aus?

Das Verhältnis würde ich als sehr gut und aufrichtig beschreiben. Wir sind zwei sehr direkte Typen und sagen auch mal, wenn uns etwas stört. Ehrlichkeit im Umgang miteinander ist in diesem Geschäft extrem wichtig.