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© Heike Niemeier | SuperIllu
Persönlich

Walter Plathe: Einblicke in das Leben des Volksschauspielers

Treffen mit dem Star aus dem TV-Highlight „Das Puppenheim in Pinnow“ von 1984. Dabei erzählte uns der 73-Jährige auch von seinem Herzensprojekt, der besonderen Verbindung zu Katrin Sass  – und einem möglichen zweiten Frühling… 

Herr Plathe, vor genau 40 Jahren kam „Das Puppenheim  in Pinnow“ ins Fernsehen…

Und soll ich Ihnen was sagen? Eigentlich war das damals eine Art „Abfallprodukt“ – und dann plötzlich so ein Erfolg. Wir fragten uns alle, warum. Ich denke, dass da viele Fragen und Themen aufgegriffen wurden, die für Jugendliche wichtig waren. Vor allem natürlich die Liebe zwischen Lehrling und Ausbilder; aber auch das Infragestellen von Hierarchien. Wenn mich heute Frauen so um die 50 ansprechen, dann meist auf „Das Puppenheim in Pinnnow“ – das war ihre Jugend, ihr Film!

Sehen Sie manches rückblickend kritisch – etwa die Nacktheit der im Film knapp 16-jährigen Steffi? Oder die Tatsache, dass sich niemand so wirklich stört an dem ungleichen Paar?

Also zum Thema Nacktheit: In der DDR waren wir ja ständig unbekleidet; auf Rügen am Strand lief ich immer so rum. Nach der „Übernahme“ mussten wir dann schmerzlich zur Kenntnis nehmen, dass das plötzlich ein Problem war. Es gab ganz genaue Einteilungen: Hier musstest Du ‘ne Badehose tragen, da ging‘s gnädigerweise ohne. Und was das Paar im Film angeht: Auch mit so was ist man damals weniger verspannt umgegangen. Wenn man das auch heute noch täte, gäbe es nicht so viel Missbrauch – das ist meine Meinung.

Ihre Filmfigur, Ausbildungsleiter Norbert, ist entgegen seinem Vorgänger sehr liberal, erzieht zu Eigenverantwortung. Was hatten Sie für Vorgesetzte – sowohl im Zoogeschäft, wo sie zunächst lernten, als auch an der  heutigen „Ernst Busch“?

Also, im Zoogeschäft hat mich mein Chef mal in den Reptilienkeller geschickt, um eine Schlange für einen Kunden zu holen. Ich kriegte das Tier aber partout nicht in den Leinensack.  Da meinte er zu mir: „Na, was haben wir denn über Reptilien gelernt?“ Und ich so: „Hm, dass das wechselwarme Tiere sind? Keine Ahnung…“ Darauf er: „Und was machen wir mit der Information?“ Ich: „Ach so, ich soll die Temperatur runterdrehen!“ Und er: „Geht doch!“ Da war schon eine gefühlte Ewigkeit vergangen und mir zum Heulen zumute, auch wegen meiner „Blödheit“. Aber dieses Beispiel war typisch für meinen Chef. Er war total menschlich und humorvoll. Und er hatte ein unglaublich großes Wissen. Auch an der Schauspielschule hatte ich im Grunde nur gute Lehrmeister, abgesehen davon, dass das eh die schönste Zeit meines Lebens war. Unser Rektor, der Professor  Penka, war ein ganz feiner Mann, zu dem wir alle aufschauten. Klar, wurden wir auch mal bisschen härter von Dozenten rangenommen, aber das war schon auch okay. Nur Samthandschuh bringt ja nix. Die Ballettmeisterin sagte mal zu mir: „Plathe, ganz furchtbar, was Sie da machen. Aber bewahren Sie sich eins: Tun Sie oben immer so, als wenn Sie das unten nichts anginge.“ Damit bin ich insgesamt gut durchs Leben gekommen. 

An der ,Ernst Busch‘  hatte ich die schönste Zeit meines Lebens

Walter Plathe
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Hier vor dem Friedrichstadt-Palast; die Ledertasche trug schon seine Mutter. Er war zweimal verheiratet, Sohn Janek ist TV-Produktionsleiter.

Wir sitzen hier mit Blick auf den Friedrichstadt-Palast, wo Sie 1996 die zweite Goldene Henne moderierten…

Ja, ich sprang damals kurzfristig für Stefanie Hertel ein und war extrem nervös. Ich war und bin nun mal in erster Linie Schauspieler. Bis dato hatte ich immer nur Ausflüge in Richtung Show gemacht: „Ein Kessel Buntes“ & Co. – übrigens mit manch peinlicher Tanzeinlage… 

Die Henne-Moderation fiel in die Zeit, in der Sie „Der Landarzt“ waren und im ZDF sogar ein „Walter-Plathe-Special“ lief. War die extreme Popularität manchmal zu viel?

Ach, wissen Sie: Schauspieler sind doch von Haus aus bisschen blöd. Wenn sie niemand  anspricht, klagen sie: „Kein Mensch kennt mich.“ Und dann wiederum ist ihnen alles zu viel. Man kann es denen einfach oft nicht recht machen. Klar, fand ich es nicht so toll, wenn ich gerade im Hotel beim Essen war und ein Fan reinplatzte. Aber da kann man ja auch einfach eine freundliche, aber bestimmte Ansage machen. Nein, ich konnte mit alldem total gut umgehen!

Unlängst haben Sie auch wieder gedreht: einen weiteren  „Usedom-Krimi“ mit Katrin Sass. Was verbindet Sie zwei?

Wir sind seit Urzeiten befreundet. Und seit zehn Jahren besuchen wir uns gegenseitig, klappt nur nie. (lacht) Ich kannte sie schon, als ich in Schwerin, wo sie herkommt, am Theater anfing. Katrin lernte damals noch bei der Post, bevor sie selbst Schauspielerin wurde, und saß oft bei uns in der Kantine, weil ihre Mutter der Star der Niederdeutschen Bühne war.

Katrin lernte damals noch bei der Post und saß oft bei uns in der Kantine.

Walter Plathe

Sie machen ja mittlerweile wieder verstärkt Theater…

Genau, und wenn irgendwann in diesem Leben die neue Komödie am Kurfürstendamm steht, soll dort „Der letzte Mann“ gezeigt werden. Wir haben den Stummfilm von 1924 dramatisiert, und ich werde die Rolle des alternden Hotelportiers übernehmen, die damals Emil Jannings spielte. Dass ich nicht mehr so durch die Gegend springen kann wegen meiner neuen Hüfte und der COPD (Anm. d. Red.: eine unheilbare Lungenkrankheit), ist der Darstellung ganz zuträglich.  Übrigens bekam der Jannings 1929 den allerersten Oscar – was mich zu der Frage führt: Wann krieg ich denn eigentlich mal ‘ne  Henne? 

Vielleicht tritt vorher noch was ganz anderes in Ihr Leben: eine neue Liebe! Sie sind ja Single und offen bisexuell. Also: Männlein, Weiblein – Hauptsache, es passt?

Genau, und ich bin auch überhaupt nicht verzweifelt auf der Suche. Ich würd jetzt nicht so weit gehen zu sagen „Lasst Tote ruhen“, aber ich bin ja nun auch schon fast 74 – schauen wir mal. Mann oder Frau, das ist mir  tatsächlich scheißegal. Da muss einfach Wärme sein, und man sollte ähnliche Ansichten haben, auch politisch. Ja, das wäre schön!

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Walter Plathe beim Berlin-Treffen mit Björn Wolfram von SuperIllu