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In Berlin

Angela Merkel: Erstes Interview im Berliner Ensemble

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel trat am 07. Juni 2022 im Berliner Ensemble auf. SuperIllu war dabei. Dabei sprach sie unter anderem über ihre Erholungspause, den Ukraine-Krieg und ihr Vertrauen in die neue Bundesregierung.

von A. Durak / J. Glaß

Am 07. Juni 2022 trat Alt-Bundeskanzlerin Angela Merkel im Rahmen der Buchpräsentation „Was also ist mein Land – Drei Reden“ im Berliner Ensemble auf. Das Buch, das im Aufbau Verlag erschienen ist, beinhaltet drei Reden von Angela Merkel, die sie zu ihrer Kanzlerzeit gehalten hat. Das Gespräch mit dem ostdeutschen Journalisten Alexander Osang war das erste öffentliche Interview nach Beendigung ihrer Amtszeit. Sie sprach unter anderem über ihre Erholungspause, den Ukraine-Krieg und ihr Vertrauen in die neue Bundesregierung.

Ich habe freiwillig aufgehört als Bundeskanzlerin, das ist auch ein schönes Gefühl. (…) Aber ich bleibe natürlich auch ein politischer Mensch…

Angela Merkel

Es gehe ihr sehr gut

Der große Saal des Berliner Ensembles war überfüllt mit Journalisten und vielen Fans. Alle warteten gespannt auf den Auftritt der ehemaligen Kanzlerin. Angela Merkel betrat die Bühne sehr souverän und gelassen. „Heute geht es mir persönlich sehr gut“, sagt sie, doch auch sie bedrücke der Krieg in der Ukraine sehr: „Insgesamt hatte ich mir die Zeit nach meiner Amtszeit anders vorgestellt… und mit dem 24. Februar ist einfach eine Zäsur entstanden und die beschäftigt mich natürlich auch sehr.“

Fünf Wochen Erholung an der Ostsee

Bei dem Gespräch verriet sie auch, dass sie direkt nach dem Ende ihrer Kanzlerschaft eine fünfwöchige Erholungspause an der Ostsee verbrachte. „Ich kenne mich da besser aus“, antwortete sie auf die Frage, wieso sie sich die Ostsee ausgesucht habe. Außerdem empfinde sie das Meer als sehr beruhigend.

Halblegale Reise

Sie erinnerte sich auch an eine frühere Reise, als junge Frau. Mit 27 Jahren nutzte sie, wie sie es betitelte, eine halblegale Weise, um den Kaukasus kennenzulernen und überzog dabei die Visumszeit. Sie erzählte amüsiert, wie sie am Flughafen in Sotchi einen Aufsatz in russischer Sprache schreiben musste, warum sie sich als eine studierte Person nicht an die Gesetze gehalten hatte.

Frau Merkel sprach auch über den Besuch in Sotchi 2007, wo Putin sie mit einem großen Hund empfangen hatte. Auf die Frage, ob Putin von ihrer Angst informiert gewesen wäre, antwortete Merkel: „Wer es glaubt, wird selig.“ und „Eine tapfere Bundeskanzlerin muss mit so einem Hund fertigwerden."

Der Überfall auf die Ukraine

Putin habe schon bei diesem Treffen gesagt, „der Zerfall der Sowjetunion sei für ihn die schlimmste Sache des 20. Jahrhunderts", worauf Merkel damals erwiderte, dass es sich für sie dabei um den „Glücksumstand ihres Lebens“ handelte. Es sei bei diesem Thema, sowie dem politischen Modell der Demokratie zu „großem Dissens“ gekommen. Damit sei es nie gelungen, "den Kalten Krieg wirklich zu beenden" und eine „Sicherheitsarchitektur“ zu schaffen, die den Einzug Russlands in die Ukraine hätte verhindern können.

Dieser Überfall auf die Ukraine, wie er am 24. Februar stattgefunden hat, findet keinerlei Rechtfertigung. Das ist ein brutaler, das Völkerrecht missachtender Überfall, für den es keine Entschuldigung gibt.

Angela Merkel

Mögliche Versäumnisse

Die Alt-Bundeskanzlerin stelle sich die Fragen: „Was hat man versäumt? Hätte man mehr tun können, um eine solche Tragik zu verhindern?“, verteidigt aber auch im Nachhinein ihre diplomatischen Bemühungen mit Russland.

Diplomatie ist ja nicht, wenn sie nicht gelingt, deshalb falsch gewesen. Also ich sehe nicht, dass ich da jetzt sagen müsste: Das war falsch, und werde deshalb auch mich nicht entschuldigen.

Angela Merkel

Vertrauen in neue Bundesregierung

Merkel halte den Prozess der Übergabe zum Regierungswechsel für gelungen und wisse, dass eine gegenseitige Vertrauensbasis bestehe, sodass sie „mit sich im Reinen“ sei, was den Umgang der neuen Bundesregierung mit kommenden Aufgaben und Herausforderungen auch im Bezug auf den Russland-Ukraine-Konflikt angehe.

Neue Gedanken, Impulse und Konstellationen seien wünschenswert und nach 16 Jahren als Kanzlerin und 30 Jahren in der Politik bleibe ihr Engagement für das Land im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestehen.

Letzte Frage

Zu guter Letzt fragte Osang noch nach Merkels Vermächtnis in der CDU. Merkel sagte, sie habe vor, gemeinsam mit ihrer Büroleiterin ein Buch zu schreiben, in dem sie ihr Leben politisch einordnen wolle. Sie sei nach wie vor gerne CDU-Mitglied und wünsche der Partei alles Gute. Dennoch machte sie deutlich, nicht mehr „im aktuellen Getümmel“ zu sein – weder als Kanzlerin, noch in ihrer Partei.

Angela Merkel verabschiedete sich unter lautem Beifall.