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Bademodensammler aus Usedom will "Juvena" wiederbeleben

Jürgen Kraft sammelt seit Jahrzehnten historische Badeanzüge. Jetzt will der Sachse die 100 Jahre alte Chemnitzer Bademode-Marke „Juvena“mit einer neuen Retro-Kollektion wiederbeleben.

© Uwe Toelle | SuperIllu
Große Leidenschaft: Seit über dreißig Jahren sammelt Jürgen Kraft historische Bademode.

Historische Badeanzüge auf Modenschau

Er findet sie überall: auf Flohmärkten, bei Ebay oder sie werden ihm einfach zugeschickt: historische Badeanzüge aus den Zwanziger-, Dreißiger- oder Siebzigerjahren. Seit über dreißig Jahren sammelt Jürgen Kraft, 59, die raren Stücke, die er auch auf Modenschauen präsentiert. 540 Exemplare hat er inzwischen angehäuft. „Röckchen mit Plissee, Schleifchen und Gürtel, gesmokte Rücken und mit Strass bestickte Stoffe – das sah natürlich top aus!“, schwärmt Kraft, der eigentlich Fahrlehrer ist und nun, davon inspiriert, eine eigene Bademoden-Linie entwarf.

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Badeanzug aus den zwanziger Jahren zu sehen.

"Juvena" als Vorbild für neue Retro-Badeanzüge

Dafür hat sich der gebürtige Zwickauer, der seit 1984 auf Usedom lebt, die 100 Jahre alte Chemnitzer Modemarke „Juvena“ patentrechtlich schützen lassen. Zusammen mit der Stylistin Katrin Werger aus Wismar, die bereits die Retro-Bademodenlinie „Prachtstück Swimwear“ entwirft, entwickelt er unter dem Namen einen neuen Retro-Badeanzug: in hellem Rot, mit Gürtel und Schleife in Weiß. Vorbild war unter anderem ein original „Juvena“-Badeanzug aus Wolle mit roter Boje – dem Markenzeichen von „Juvena“ –, den der Sammler vor Jahren auf dem Flohmarkt ergatterte. Kraft schätzt, dass er aus den Zwanzigerjahren stammt.

„Ich dachte, es wäre toll, aus der Masse an tollen historischen Badeanzügen Anleihen aus den Zwanzigern und Fünfzigern zu nehmen und daraus etwas hochwertiges Neues zu schaffen – und das made in Germany.“ Auf Letzteres legt Kraft großen Wert: „Ich hätte überall produzieren können. Aber ich habe Nationalstolz in mir und daher lasse ich in Großröhrsdorf bei Dresden herstellen, auch wenn es teurer ist.“ Ende August wird der finale Prototyp fertig sein, dann geht das Retro-Modell limitiert in Produktion. Angeboten wird der Vintage-Badeanzug wohl ab Herbst im Internet und vielleicht auch in einigen Geschäften an der Ostsee. Danach, so der Plan, will das Duo zwei Modelle pro Jahr unter dem Namen „Juvena“ herausbringen.

Ihre jetzige Kreation liegt voll im Trend, meint der Bademoden-Experte. Er glaubt: „Die Frau verhüllt sich wieder mehr. Vielleicht weil sie in Zeiten von Social Media nicht so viel Haut zeigen will oder fürchtet, keine Idealfigur zu haben. Anders als in den Siebzigerjahren, als es um die Befreiung der Frau ging.“

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Ein weiterer original „Juvena”-Badeanzug aus Krafts Besitz, den ihm eine Sammlerin zuschickte.

Geschichte der Marke "Juvena"

Die Idee zu seinem Vintage-Projekt kam Kraft, als er während der Pandemie als Fahrlehrer kaum arbeiten konnte. Aber warum ausgerechnet „Juvena“? „Das war eine starke Marke, auch ziemlich innovativ mit einer sehr guten Werbestrategie“, erklärt Kraft. Gemeinsam mit dem BikiniARTmuseum im baden-württembergischen Bad Rappenau recherchierte er die Geschichte des Unternehmens – was schwierig war, da es kaum mehr Informationen dazu gibt, wie er sagt.

So viel fand Kraft aber heraus: 1894 von dem Chemnitzer Max Franck gegründet, stellten die „Juvena“-Werke zunächst Sportbekleidung und Trikotagen her, ab 1929 dann Bademode. „Laut einer damaligen Zeitschrift waren die Badeanzüge hochelastisch, machten schlanker und saßen straffer und eleganter am Körper als irgendein anderer Anzug“, erzählt Kraft. „Die Zahlen sprechen dafür, dass das Unternehmen eines der erfolgreichsten in Chemnitz gewesen sein muss.“ Dazu fand er heraus, dass in den Dreißigerjahren die jüdische Kommanditistin Ilse Arndt faktisch enteignet und die Firma „arisiert“ wurde. Ende der Dreißiger wurde die Produktion der Bademode eingestellt. In den Fünfzigern kam die Firma schließlich unter die Verwaltung der volkseigenen Betriebe (VEB) „Trikot“. An ihren einstigen Erfolg konnte sie aber nicht mehr anknüpfen. Eine „verlorene Weltmarke aus Chemnitz“ sei „Juvena“ für ihn, sagt Kraft. Jetzt hofft der Zwickauer, ihr mit seiner Hilfe wieder neues Leben einzuhauchen.