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DDR-Geschichte

Das Leben von Matthias Domaschk: Jugend in der DDR

Wie viele Jugendliche in der späten DDR fühlte sich der junge Matthias Domaschk aus Jena von der SED gegängelt und eingeengt. Sein Protest endete 1981 tödlich – in Stasi-Haft in Gera. Ein Buch erzählt jetzt seine Geschichte – und die einer ganzen Generation junger Menschen im Osten Deutschlands, die sich damals nach mehr Freiheit sehnte.

Die Fotos auf dieser Seite zeigen einen jungen Mann aus Jena. Sein Name: Matthias Domaschk. Er wurde nur 23 Jahre alt. Am 12. April 1981 fand man ihn erhängt in einer Zelle eines Gefängnisses des Staatssicherheitsdienstes in Gera.

Spiegel einer ganzen Generation

Seine kurze und tragische Lebensgeschichte spiegelt die einer ganzen Generation von jungen Leuten wider, die lange Haare, Parkas und Jeans trugen, auf Protest gebürstet waren. Sie hörten laute Rockmusik wie von Janis Joplin, von Jimi Hendrix oder Ton, Steine, Scherben („Keine Macht für Niemand“).

Stasi-Verfolgungen

„Ihre Eltern predigten ihnen, sich anzupassen, keine Flausen im Kopf zu haben“ - das gab es bei Jugendlichen dieser Generation, die die erste war, die nach dem Krieg geboren wurde, im Osten wie im Westen. Aber in der DDR wurden sie von der SED und der Stasi oft wie gefährliche Staatsfeinde verfolgt“, sagt der Journalist und Buchautor Peter Wensierski, der Domaschks Lebensgeschichte nun näher erforscht und als Buch aufgeschrieben hat (siehe Buchtipp). „Bei SED und Stasi galten solche Jugendlichen als feindlich-negativ-dekadent – so die offizielle Bezeichnung. Gegen sie zog das System oft alle Register“, so Wensierski.

Harte Einschränkungen für Domaschk

Bei Domaschk sah das so aus, dass er vier Wochen vor dem Abitur wegen „gesellschaftlicher Unreife“ von der Schule flog. Er bekam keine richtige Arbeit, jobbte als Heizer. Dann wollte er mit Freunden zusammen ein Haus kaufen, um dort in einer WG zu leben – auch das verhinderte die Stasi.

Der Traum von einer revolutionierten DDR

In den Westen wollte er trotz dieser frustrierenden Erfahrungen nicht. Wensierski: „Wie viele dieser jungen Leute hatte er vom Westen sehr negative Vorstellungen, träumte von einem reformierten, menschlicheren Sozialismus in der DDR.“

Vorgeschichte seines Todes

Sein tragischer Tod hatte also eine lange Vorgeschichte. Sie endete damit, dass Stasi-Mitarbeiter ihn verhafteten, als er im April 1981 mit dem Zug nach Berlin fahren wollte - zu einer privaten Geburtsfeier. Bei den Stasi-Leuten schrillten aber die Alarmglocken. Denn in Berlin war gerade SED-Parteitag. Sie befürchteten ernsthaft, Domaschk habe dort einen Anschlag vor oder zumindest eine Protestaktion. Sie holten ihn unterwegs aus dem Zug und brachten ihn in die Stasi-U-Haft-Anstalt nach Gera. Vernehmer der gefürchteten „Untersuchungsabteilung“ der Stasi nahmen ihn dort in die Mangel. Sie drohten ihm mit langer Haft, zwangen ihn, eine „Verpflichtung“ als Spitzel zu unterschreiben.

Dann, nach 48 Stunden Verhör-Tortur, hing er plötzlich tot am Heizungsrohr, stranguliert mit seinem eigenen Hemd.

Beweislast gegen Stasi zu gering

Lange gab es den Verdacht, die Stasi hätte diesen Selbstmord vorgetäuscht, um seinen gewaltsamen Tod in Haft zu verschleiern. Ende der 1990er-Jahre standen einige der beteiligten Offiziere vor Gericht. Für Mord oder Totschlag fanden sich jedoch keine beweiskräftigen Anhaltspunkte.

Auch Autor Peter Wensierski, der für seine Recherchen über 200 Interviews führte, darunter mit mehreren an dem Fall beteiligten Stasi-Offizieren, fand dafür keine Beweise. Er geht davon aus: „Er hat sich tatsächlich aus Verzweiflung am Heizungsrohr erhängt. Aber er wurde in den Tod getrieben und daran waren viele beteiligt“.

Rückblick auf eine verzweifelte Tat

Einige der Stasi-Leute, mit denen Wensierski sprach, verteidigten ihr Handeln. Andere äußerten Bedauern. So bekannte der Stasioffizier, der Matthias Domaschk in den verhängnisvollen 48 Stunden in der U-Haftanstalt in Gera als Letzter verhört hatte: „Ohne diese Vernehmungen wäre das nicht passiert.“ Daher sei er als einer von vielen mitschuldig am Tod des jungen Jenaers, was ihm heute leid tue.