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Persönlich

Ursula Staack: Lebensfroh trotz Demenz-Sorge

Vor fünf Jahren wurde bei der Schauspielerin Parkinson diagnostiziert, nun bangt sie um ihr Gedächtnis. Warum ihre Angst durchaus berechtigt ist und wie sie damit umgeht –  wir besuchten sie zu Hause in Berlin.

Rund ein Jahr ist es her, dass wir Ursula Staack, 79, vor diesem Treffen zuletzt sahen; damals zusammen mit ihrer Freundin und Kollegin Ursula Werner, 79. Als sie uns jetzt in ihrer Wohnung in Berlin-Mitte gegenübersitzt, bemerken wir erst mal keinen Unterschied. Dabei steht das Leben der quirligen Schauspielerin auf dem Kopf: Verdacht auf Demenz! „Erste Tests beim Neurologen legen das sehr nahe“, erzählt sie uns. „Und ich merk ja selbst, dass was mit mir nicht stimmt.“

Ich war unterwegs und wusste plötzlich gar nichts mehr. Wo bin ich? Wer bin ich?

Ursula Staack
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Die Straßen Berlin: eigentlich vertrautes Terrain – doch oft ist nun Unsicherheit Ursula Staacks Begleiter.

Plötzliche Leere im Kopf

Dass sie etwas vergesslich geworden ist, verbuchte sie lange als normale Verschleißerscheinung – immerhin wird sie am 10. Oktober 80. Doch vor wenigen Monaten geschah es: „Ich war draußen unterwegs und wusste plötzlich gar nichts mehr. Wo bin ich? Wer bin ich? Und schon gar nicht, was ich überhaupt wollte. Das hat mir Angst gemacht und hielt bestimmt eine halbe Stunde an.“ Sie fährt fort: „Als ich wieder bei mir war, ging ich sofort zurück in die Wohnung und ließ das erst mal sacken. Seitdem ist mir das noch paar Mal passiert: totale Leere im Kopf. Als ob jemand das Licht ausgeschaltet hätte.“ Auch schildert sie Situationen, die eine ihrer Paraderollen betrafen: Ramona Besenbrenner aus den „Maxe Baumann“-Schwänken. „Leute sprachen mich auf sie an, und ich konnte damit im jeweiligen Moment nichts anfangen. In der Summe ist das einfach ganz schön beunruhigend…“

Ich verdränge das Thema nicht. Es steht vor mir, und ich muss da jetzt durch.

Ursula Staack
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Ursula Staak mit Katze Johanna.

Aufgeben ist keine Option

Während Ursula Staack all das erzählt, ist bei ihr keinerlei Selbstmitleid zu spüren. Geradezu ungerührt berichtet sie von den verstörenden Erlebnissen. Jammern? Fehlanzeige! „Ich verdränge das Thema nicht. Es steht vor mir, und ich muss da jetzt durch“, sagt sie mit fester Stimme. „Ich werde alles dafür tun, nicht zu fallen.“ Tatsächlich: Statt sich aufzugeben, ist sie aktiver denn je. „Ich gehe regelmäßig ins Fitnessstudio und will jetzt mit dem Englischlernen weitermachen. Das hab ich etwas schleifen lassen.“

Doch die Single-Frau und Mutter eines Sohnes ist bei allem Optimismus realistisch und weiß: Demenz ist unheilbar. Und somit wird auch ihre fortschreiten, sollte sich der Verdacht der Ärzte bestätigen, den sie selbst teilt. In der eigenen Familie kam ihr die Krankheit bislang nicht unter („Ich wüsste es zumindest nicht“), doch wissenschaftlich bewiesen ist eine Vererbung ohnehin nicht abschließend. Wohl aber geht Demenz oft mit Parkinson einher, was 2018 bei Ursula Stack festgestellt wurde. „Das macht mir weniger Angst als die Demenz…“

Da war totale Leere im Kopf. Als ob jemand das Licht ausgeschaltet hätte...

Ursula Staack
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Ursula Staack in ihrer Küche. Sie backt leidenschaftlich gern, oft auch für die anderen Hausbewohner.

Die Selbstständigkeit war ihr immer sehr wichtig

Der Verlust der Selbstständigkeit – eine Horrorvorstellung für die resolute und zugleich liebenswürdige 79-Jährige: „Ich sorge schon so lange für mich selbst. Mit 14 ging ich von zu Hause weg, arbeitete mal als Serviererin, mal in einem Bergwerk – querbeet in der DDR. Ich hatte neun Berufe, bevor ich Schauspielerin wurde, und bin einfach ein sehr freiheitsliebender Mensch. Und eine Macherin. In ein Heim zu kommen, wäre eine große Umstellung. Aber wenn’s nicht anders geht…“ Dann bricht sich ihr Humor Bahn und sie grinst: „Ich könnte da ja dann ein bisschen mitarbeiten und Stimmung in die Bude bringen!“

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Ursula „Uschi“ Staack hat aus der Beziehung mit Regisseur Christian Steinke einen Sohn – und drei Enkeltöchter.

Freunde und Familie lassen sie nicht allein

Ursula Staack weiß auch: Sie ist nicht allein, hat ein Netz an lieben Menschen: „Gestern war ich mit meiner Enkelin Anais unterwegs, und wir haben für meine Schwiegertochter ein Geburtstagsgeschenk gekauft. Demnächst wollen wir auch zusammen in die Oper gehen. Und eine Freundin schleppt mich immer mal wieder ins Kino – was gut ist, damit ich nicht zu viel zu Hause rumsitze. Wobei ich da immerhin viel lese!“

Apropos Lesen: Befürchtet Sie, dass sie nach ihren offenen Worten nun weniger Drehbücher bekommt? Da lacht Staack wieder aus voller Kehle: „So viel Text wird mir schon keiner mehr überhelfen. Außerdem gibt‘s ja Souffleusen.“ Nun muss sie erst einmal weitere neurologische Untersuchungen durchlaufen. Eines ist indes gewiss: Diese Frau lässt sich vom Schicksal nicht unterkriegen, sondern begegnet ihm bei aller Sorge mit Zuversicht und einer gewissen Leichtigkeit!