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© Uwe Toelle | SuperIllu
Gespräch

Frank Schöbel und Gregor Gysi: Zwei Legenden und ihre Leidenschaften

Der eine ist Schlagersänger, der andere Politiker und Rechtsanwalt. Sie treten auf unterschiedlichen Bühnen auf, dennoch ticken Frank Schöbel und Gregor Gysi tief in ihrem Innern gleich, wie sie SuperIllu erzählen.

© Uwe Toelle | SuperIllu
In seiner Talkshow „Missverstehen Sie mich richtig!“ (Infos: traenenpalast.de) sprach Gregor Gysi mit seinem Gast Franky über dessen 60-jährige Karriere.

Auftritt in der Talkreihe „Missverstehen Sie mich richtig!“

Für Überraschungen ist Frank Schöbel, 79, immer gut. Selbst nach 60 Jahren auf der Bühne. Im Juni war die Schlagerlegende für die ARD-Soap „Rote Rosen“ vor der Kamera. „Ich freue mich sehr drauf“, so Franky. Dass er bald wieder als Schauspieler auf den Bildschirm zurückkehrt, ist eine Neuigkeit, die er bei seinem Auftritt in der Talkreihe „Missverstehen Sie mich richtig!“ erzählt.

In der „Distel“ geht Gastgeber Gregor Gysi, 74, mit dem Sänger auf eine Zeitreise durch sechs Jahrzehnte. Eine Sache, die Frank Schöbel nur in Ausnahmefällen macht. Denn Talkshows sind normalerweise nicht sein Ding. Warum sagte er dennoch zu? „Wir verstehen uns. Und wenn Gregor Gysi anfragt, dann komme ich. Das ist doch ganz klar.“

Wenn Gregor Gysi anfragt, dann komme ich. Ganz klar!

Frank Schöbel

Das erste Treffen der beiden Legenden

Dass die Schlagerlegende und die Politik-Ikone auf einer Wellenlänge liegen, spürt man nicht nur auf der Bühne, sondern auch bei unserem anschließenden Interview. Es wird ein Gespräch über Musik, Sport, aber auch über Frankys Lebenswerk. Gregor Gysi erinnert sich an das erste Treffen. Frank Schöbel war damals, Anfang der 80er, wegen einer Grundstücksangelegenheit sein Mandant: „Wir haben uns gleich verstanden. Nicht nur, weil wir den gleichen Humor haben, sondern auch eine ähnliche Einstellung zu vielen Themen: Wir wissen schnell, welche Dinge gehen und welche nicht.“ Die beiden verbinde zudem etwas Elementares, so der Politiker weiter: „Es gibt in einem gewissen Alter eine ostdeutsche Übereinstimmung. Man darf die DDR nicht verklären, aber man darf auch nicht so tun, also ob es in ihr kein Leben und keine Freude gegeben hätte. Und wir wissen das, glaube ich, beide.“

Wir verstehen uns. Auch weil wir den gleichen Humor haben.

Gregor Gysi

Musik spielt eine wichtige Rolle

Zwar sei Gysi „kein Schlagerfan“, dennoch spiele Musik auch in seinem Leben eine Rolle: „Ich höre ab und an eine Oper von Beethoven, Mozart, Wagner oder Vivaldi. Aber ich höre auch gerne mal Rockmusik oder ein Lied von Lena. Alles zu seiner Zeit.“ Ähnlich sieht es Frank: „Wenn ich nachts von der Mugge heimfahre, höre ich oft Orgelmusik oder Jazz. Ich mag aber auch Rammstein. Früher fand ich die Beatles und Cliff Richard toll. Morgens höre ich allerdings nie Musik, denn ich will – wenn ich komponiere - jungfräulich sein.“ Eine Angewohnheit, die Gysi mit ihm teilt. „Zum Frühstück brauche ich Ruhe und keine Gespräche. Die gehen mir auf die Nerven. Zum Abendbrot ist das was völlig anderes. Da höre ich auch gerne Musik.“

Vieles wurde abgewickelt, es gab keine Arbeit. Das war schlimm.

Frank Schöbel
© Kohls | SuperIllu

Frank Schöbel als Kulturgut

Was auffällt: Mehrfach an diesem Abend bezeichnet der Linken-Politiker den Sänger als Kulturgut. Er erklärt: „Frank hat sich immer um bestimmte Dinge bemüht. Ich fand gut, dass er sich in der DDR beschwert hat, dass West-Künstler beim Kessel Buntes anders behandelt wurden als die Ost-Künstler. Das ließ er sich nicht bieten. Weil er in den Westen reisen konnte und immer wieder zurückkam, konnte er natürlich auch mehr kritisieren. Das hat er dann gemacht.“ Dass Franky zu seiner Meinung steht, lieben die Fans. Der gebürtige Leipziger selbst sagt: „Leute, die nur rumlabern, rumschleimen und praktisch nichts sagen, mag ich nicht. Wenn man heute ehrlich den Mund aufmacht, gilt man als unbequem. Okay, dann isses eben so.“ Schöbels Erfolg ist für Gregor Gysi nicht nur auf sein musikalisches Können zurückzuführen. „Im Westen hatte Prominenz einen Wert an sich, im Osten musstest du Sympathien haben. Und Frank hatte sie.“

Im Osten musstest du Sympathien haben. Und Frank hatte sie.

Gregor Gysi

Die Zeit nach dem Mauerfall

Trotzdem stand auch Franks Telefon nach dem Mauerfall plötzlich still. Er erinnert sich: „Das hat uns alle getroffen, die Bevölkerung auch. Vieles wurde abgewickelt, es gab keine Arbeit. Das war eine ganz schlimme Zeit. Und ich habe damals in einer Sendung gesagt: Die Leute wollen sich erst mal die Welt reinziehen und irgendwann werden sie sich an uns erinnern... Deshalb habe ich geduldig zwei, drei Jahre gewartet.“ Gysi ergänzt: „Ich fand die Art, wie er nach dem 3. Oktober 1990 behandelt wurde, entschuldigen Sie die Ausdrucksweise, zum Kotzen. Ich hab das genau verfolgt. Meine politische Aufgabe war ja auch die Vertretung der Interessen der Ostdeutschen, mithin auch der künstlerischen Eliten. Es hat nicht lange gedauert, dann lief es für ihn wieder.“ Der Gewinn der Goldenen Henne 1995 sei ein Wendepunkt gewesen. Gysi: „Das hat mich damals sehr berührt, denn ich wusste: Jetzt kommen endlich auch die alten Eliten der DDR wieder zum Tragen.“

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Am Ball: Gregor Gysi bei einem Benefizspiel zugunsten der Hochwasseropfer 2002

Leidenschaft zum Sport

Frank Schöbels Stärke ist schon lange, dass er nach Rückschlägen immer wieder aufsteht und mit neuen Ideen zurückkommt. Sein neues Lied „Unzerstörbar, unkaputtbar“ passt deshalb auch zu seinem eigenen Leben. Bald könnte der Song im Stadion erklingen. Der Sänger plant, es unter dem Titel „Unzerstörbar – Union“ für den 1. FC Union einzusingen. Die Liebe zum Berliner Hauptstadtklub ist etwas, das Frank Schöbel und Gregor Gysi auf sportlicher Ebene verbindet. Schon 1985 widmete Frank die Quartett-Single „1. FC Union“ den Eisernen, sang 1974 zur Eröffnung der Fußball-WM in Frankfurt.

Doch woher kommt bei Gysi die Leidenschaft für den Verein? Zum einen wohnte er als Kind ganz in der Nähe des 1. FC Union in Johannisthal. Zum anderen: „Habe ich mich auch in den Klub verliebt, weil er zwar nie ganz vorne gelandet ist, aber mit so einer komischen Art Fußball spielte. Und Union war der frechste Klub in der DDR.“ Als Fußballer verdiente er sich jedoch keine Lorbeeren. Augenzwinkernd erzählt er: „Wenn ich als Kind mal Fußball gespielt habe, stand ich immer im Tor, weil ich zu faul war, hin und her zu rennen. Ich hatte nur Schwierigkeiten, an die Latte zu kommen.“ Erst heute spiele Sport in Gysis Leben eine Rolle. „Ich fahre Rad, gehe schwimmen und spiele ab und zu Tischtennis. Ich habe irgendwann gemerkt, ich muss mich etwas bewegen.“ Frank hingegen legt gerade nach einer Knie-OP eine Pause ein. „Es wäre nicht gut, zu früh anzufangen.“ Schließlich will er im Dezember auf Jubiläums-Tour. Dann, meint Gysi zum Schluss des Interviews, würde er auch gerne mal im Publikum sitzen.