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„Ku’damm“-Star

Maria Ehrich: „Viele Menschen haben verlernt, was Langeweile ist“

Warum die Erfurterin im Interview mehr Solidarität unter Frauen fordert und sich – bedingt – nach den alten Zeiten sehnt …

Unlängst lief mit „Ku'damm 63“ die dritte Staffel der ZDF-Erfolgsserie rund um die Berliner Tanzschule „Galant“  Vor allem das Leben von Helga von Boost, gespielt von Maria Ehrich, 28, wurde kräftig durcheinandergewirbelt: Sie musste die Tanzschule ihrer verunfallten Mutter (Claudia Michelsen, 52) leiten und verliebte sich auch noch in einen Mitarbeiter – dabei galt es doch, in ihrer Ehe mit einem schwulen Staatsanwalt den Schein zu wahren…

Ich wusste plötzlich nicht mehr, ob ich die Schauspielerei noch will, fühlte mich eingeengt, wie in einem Hamsterrad.

Maria Ehrich

Zweifel in der Schauspielerei

Unsere Interviewpartnerin kennt das Gefühl, festzustecken – und erzählt uns auch von der damit verbundenen Zäsur. Ehrich: „Ich hab schon sehr früh mit der Schauspielerei angefangen, und mit 23, 24 Jahren wusste ich plötzlich nicht mehr, ob ich das alles noch will, fühlte mich irgendwie eingeengt, wie in einem Hamsterrad. Dann hab ich einen Cut gemacht und ging mit meinem Freund auf eine siebenmonatige Weltreise.“ Ihre Erlebnisse verarbeitete sie im Dokumentarfilm und im Buch „Leaving the Frame“. Über den Trip sagt sie: „Das war total wichtig, um quasi aus mir selbst herauszutreten und zu gucken: Tut mir das gut, was ich zuletzt gemacht habe? Ist es umgekehrt vielleicht gar nicht so schlecht, wie ich denke? Das gab mir eine ungemeine Ruhe und Sicherheit – und bestätigte mich schließlich in dem, was ich beruflich mache.“

Ja, trotz ihrer jungen Jahre ist Maria Ehrich bereits fest verankert im Filmgeschäft – wie ihre „Ku’damm“-Schwestern Sonja Gerhardt, 31, und Emilia Schüle, 28, mit denen sie gut befreundet ist: „Wir treffen uns regelmäßig, machen Spaziergänge mit meinem Hund, kochen gemeinsam oder gehen essen – also, wenn nicht gerade Corona wütet…“ Konkurrenzdenken hat in dieser Verbindung keinen Platz – im Gegenteil, wie sie am Beispiel von Castings für ein und dieselbe Rolle erklärt: „Wenn eine die Rolle bekommt, freuen sich die anderen. Es ist doch für mich viel schöner, wenn zumindest jemand den Zuschlag bekommt, den ich kenne und liebe! Nein, wir Frauen sollten uns grundsätzlich zusammenschließen – zum Beispiel gegen Missstände in der Branche. Das ist viel wichtiger als Zickereien wegen Rollen!“

Wir Frauen sollten uns gegen Missstände in der Branche zusammen- schließen. Das ist viel wichtiger als Zickereien wegen Rollen!

Maria Ehrich

Meinungsstarke Frau

Ehrich gehört zu den „starken Frauen aus Ostdeutschland“, die in der jüngsten Staffel der ZDF-Online-Reihe „FilmFrauen“ zu Wort kommen, und sie findet: „Es ist leider nach wie vor schwer, seine Meinung zu sagen, weil man dann häufig als Diva abgestempelt wird, während ein Mann mit derselben Äußerung der große, meinungsstarke Künstler ist. Diese Muster müssen sich ändern – und sind leider Relikte aus ‚Ku’damm‘-Zeiten…“

Apropos: Durch die „Ku’damm“-Reihe tauchte sie in die 1950er- und zuletzt auch 1960er-Jahre ein. Weckte das Sehnsüchte in ihr – etwa danach, fernab der modernen Dauerberieselung mehr im Moment zu leben? „Ich glaube, heute wird man permanent derart zugeballert mit News und Co., dass viele Menschen auch beispielsweise verlernt haben, was Langeweile ist – und wie viel Kreativität man daraus schöpfen kann. Das kann man aber mit etwas Disziplin in sein Leben einbauen.“ Ehrich weiter: „Die Welt war damals einfach gefühlt kleiner, auf jeden Fall aber überschaubarer. Wenn ich meine Generation sehe und die etwas jüngeren Menschen, etwa meine Geschwister: Denen steht alles offen – sie haben unendliche Möglichkeiten. Das ist toll, kann aber auch überfordern und lähmen, es gibt einem eine gewisse Rastlosigkeit und Unzufriedenheit; man denkt, es gebe immer noch was Besseres… Aber natürlich hat jede Zeit ihre Vor- und Nachteile: In Sachen Emanzipation etwa würde ich definitiv nicht tauschen wollen mit damals!“