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© Daniel Kuhne / Alamy Stock Photo
Unsere schöne Heimat

Merseburger Dom: 1000 Jahre Kaiserdom

Am 1. Oktober 1021 wurde der Merseburger Dom geweiht. Weil sich Kaiser Heinrich II. hier besonders gerne aufhielt, heißt er auch Kaiserdom. Corona hat das Programm des Festjahres zwar etwas durcheinandergebracht, aber nun kommen die Gäste aus nah und fern.

© Falko Matte
Ein Dom, vier Türme, 10+1 Glocken: Der Merseburger Dom St. Johannes und St. Laurentius hatte noch einen fünften Turm. Der stürzte 1230 ein. Zehn Glocken, zwischen 59 Kilo und 3 Tonnen schwer, hängen in den zwei Westtürmen (vorn). Bald kommt eine Glocke dazu: Sie wurde am 25. Juni gegossen, wird am 1. Oktober auf dem Domplatz geweiht

Gemächlich strömt seit Tausenden von Jahren die Saale durch das Land. An einem ihrer Steilufer erhebt sich ein malerisches Ensemble: der Kaiserdom und das Renaissance-Schloss zu Merseburg. Der Dom wird 2021 1000 Jahre alt! Im Oktober 1021 wurde er, nach einer Bauzeit von nur sechs Jahren, geweiht.

Zugegeben, der Dom zu Köln ist prächtiger, der zu Magdeburg größer und der zu Naumburg hat mehr Besucher - dennoch: Der Merseburger Dom steht durchaus in einer Reihe mit ihnen. Lisa Osterburg, Mitarbeiterin des Merseburger Domstifts und Koordinatorin des Weihejubiläums, sagt zu SuperIllu: „Auch wenn der Dom eher kleiner ist, so steckt in diesem Bauwerk doch unfassbar viel Geschichte!“

© Falko Matte

Neue Dom-Glocke

Die spielte sich nicht nur im vergangenen Jahrtausend ab, nein, sie ereignet sich auch in der Gegenwart: Erst vor wenigen Tagen, am 25. Juni, wurde im sächsischen Freiberg eine neue Dom-Glocke gegossen. Sie ist aus einer Kupfer-Zinn-Legierung, hat einen Durchmesser von 1108 Millimetern und wiegt 890 Kilogramm. Und sie wird eine klangliche Lücke füllen: Die Glockengießer vom Sächsischen Metallwerk Freiberg haben errechnet, dass sich ihr Ton, ein eingestrichenes g, harmonisch mit dem Schall der anderen beiden Großglocken Benedicta (Ton es', Gewicht drei Tonnen) und Clinsa (f', zwei Tonnen) verbinden wird. Schon jetzt ist das Dom-Geläut über der Altstadt ein unverwechselbarer akustischer Reiz!

Geweiht werden soll die Neue zum Jubiläum am ersten Oktoberwochenende. Am Freitag, den 1. Oktober wird, angelehnt an den historischen Domweihe-Tag, den 1. Oktober 1021, eine Festprozession in historischen Kostümen vom Markt- zum Domplatz ziehen, wo, einer uralten Tradition folgend, die Glocke für einige Tage aufgestellt wird. Interessierte können gegen eine Spende den Klöppel schwingen…

Jubiläumsausstellung im Dom

Schon jetzt besichtigt werden kann die Jubiläumsausstellung im Dom. Wegen Corona wurde sie erst mit monatelanger Verzögerung eröffnet, aber was ist das schon, wenn doch ein Jahrtausendereignis gefeiert werden soll! Gezeigt wird, was über die Jahrhunderte in den Domschatz wanderte: ein Messbecher aus dem 15. Jahrhundert, der heute noch von der Domgemeinde genutzt wird, oder das erste Foto des Domes, das um 1880 entstand. Einige Ausstellungsstücke sind Leihgaben der Dresdner Rüstkammer, eines Museums der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, zu denen auch das dortige historische Grüne Gewölbe gehört: unter anderem zwei Mitren (Bischofsmützen) und Pontifikalhandschuhe, die die Merseburger Bischöfe zu kirchlichen Hochfesten trugen.

© Falko Matte
Wer möchte Bischöfin oder Bischof sein?: Das museumspädagogische Vermittlungsprojekt „Des Bischofs festliche Kleider“ richtet sich an Vor- und Grundschüler rund um Merseburg

Projekt: ‚Des Bischofs festliche Kleider‘

Die bischöfliche Garderobe ist es auch, mit der Kinder in das Thema sprichwörtlich „einsteigen“ können. Die Museumspädagogen des Domstifts haben das Projekt ‚Des Bischofs festliche Kleider‘ entwickelt. Lisa Osterburg, die Weihejahr-Koordinatorin, erzählt: „Dabei können Kinder selbst einmal in die Rolle eines Bischofs schlüpfen. Sie lernen die Bedeutung ritueller Kleidungsstücke kennen und treten herausgeputzt eine Prozession an – vom Dom über den Kreuzgang bis zum Wappensaal im Kapitelhaus.“

Wer gerade nicht Bischof oder Bischöfin spielt, kann ja derweil den Part von Kaiser Heinrich II. (973–1024) oder seiner Gemahlin Kunigunde (980–1033) übernehmen - das Herrscherpaar des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, wie das damalige Staatsgebilde von Historikern genannt wird, war bei der Domweihe vor 1000 Jahren nämlich persönlich dabei. Für den Kaiser war Merseburg ein besonderer Ort – in keiner anderen Pfalz hielt er sich öfter auf. So erklärt sich wohl die „Investition“ des Kaisers in einen repräsentativen Dom vor Ort, was auch für die Ausstattung der Bibliothek dieses Doms gegolten haben dürfte. So ist es nicht verwunderlich, dass der Merseburger Dom heute die Heimstatt eines der bedeutsamsten Dokumente des deutschsprachigen Kulturraums ist. Gemeint sind die „Merseburger Zaubersprüche“!

Die beiden in althochdeutscher Sprache abgefassten Verse gelten als die einzigen in Deutschland erhaltenen heidnischen, also vorchristlichen Beschwörungsformeln. Warum die Texte im 10. Jahrhundert von frommen Mönchen notiert und aufbewahrt wurden – ein dunkles Geheimnis! Der erste Spruch diente der Befreiung eines Gefangenen, der zweite der Heilung eines verletzten Fußes.

Weihejahr-Koordinatorin Lisa Osterburg erklärt: „Normalerweise stellen wir nur ein Faksimile aus. Weil das Original konservatorisch gut verwahrt werden muss, holen wir es nur zu besonderen Anlässen hervor, und das ist natürlich in diesem Jahr der Fall.“ Ab dem 1. Oktober wird das Pergament einen Monat lang präsentiert.

Schon jetzt läuft ein einzigartiger Rezitationswettbwerb: Fans der Sprüche sind eingeladen, sie zu rezitieren und ein Video davon einzuschicken an merseburger.zaubersprueche@gmail.com. Da niemand weiß, wie das Althochdeutsche klang, gibt es viel Interpretationsspielraum! Probieren Sie es doch auch einmal: „insprinc haftbandun, infar wîgandun“ (hochdeutsch: Entspring den Banden, entweich den Feinden).

Besucherbetrieb wieder aufgenommen

Corona hat den Veranstaltungsreigen des Dom-Festjahrs ein bisschen durcheinandergebracht. Seit am 1. Juni der Besucherbetrieb wieder möglich war, freue man sich über stetig steigende Besucherzahlen, so das Organisationsbüro. Fast alle für die zweite Jahreshälfte terminierten Veranstaltungen finden statt (Stand bei Redaktionsschluss). In vielen Führungen wird den Besuchern der Domschatz erklärt. Und wer danach musikalische Erbauung wünscht: Die berühmte Domorgel von Baumeister Friedrich Ladegast, eine der prächtigsten romantischen Orgeln der Region, erklingt zu vielen Konzerten. Also, auf nach Merseburg!