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Nachgefragt

Wie geht's eigentlich Thomas Emmrich?

Er war der Tennisstar der DDR. Eine internationale Karriere blieb ihm aber verwehrt

Die schlechte Nachricht zuerst: Thomas Emmrich hat seinen Tennisschläger an den Nagel gehängt. Die gute Nachricht: Der DDR-Tennisstar, der seit sieben Jahren in Hilden (NRW) lebt, bleibt dem Sport erhalten. Er ist nur umgestiegen auf Golf.

„Der Rücken, die Knie, es ging nicht mehr“, sagt Emmrich. „Tennis ist ein Ganzkörpersport. Man schlägt mit voller Kraft Bälle, dreht sich um alle Achsen, springt überall hin. Da machen Gelenke und Bänder irgendwann schlapp.“ In den 70er- und 80er-Jahren, als sich an der Weltspitze Stars wie Björn Borg, John McEnroe und Ivan Lendl abwechselten, führte die DDR-Rangliste immer nur einer an: Emmrich. Zwischen 1970 und 1988 war er 17-mal Meister im Herren-Einzel. 31 weitere DDR-Titel holte er im Doppel und Mix.

Mit dem westlichen Tenniszirkus durfte er nie touren. Trotzdem schaffte er es als einziger DDR-Spieler auf die ATP-Weltrangliste. Möglich wurde das, weil der Sponsor Volvo 1978 ein Turnier in Sofia zum Grand-Prix-Wettbewerb aufwertete. Emmrich erreichte die zweite Runde, was ihm vier Weltranglistenpunkte und einige Wochen den Platz 555 bescherte.

Dass er das Zeug zu einer internationalen Topkarriere hatte, bescheinigte ihm keine Geringere als Martina Navrátilová. Die gebürtige Tschechin, die 1976 in den USA Asyl beantragte, erklärte mehrfach in Interviews, dass Emmrich nicht nur ihr „erster Boyfriend“ war, sondern „ohne Zweifel“ auch Turniere wie Wimbledon gewonnen hätte.

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Heute spielt Thomas Emmrich kein Tennis mehr. Aber in seiner Familie lebt der Sport weiter

Hätte – doch die Sportfunktionäre der DDR ließen Tennis nun einmal links liegen. Weil nicht olympisch, wurde es auch nicht gefördert. Außerdem galt der Weiße Sport als elitär. Als die Mauer fiel, war Emmrich 36. Obwohl sein sportlicher Zenit damit überschritten war, legte er sich noch mal richtig ins Zeug, spielte für Vereine mit Seniorenmannschaften, etwa Hildesheim und Saarbrücken. Und er sammelte weiterhin Titel im Einzel und Doppel. Sein letzter großer Erfolg: 2005 wurde er Ü50-Europameister!

Abseits des Sports lief es weniger gut für das Tennisass. Seine Ehe scheiterte, ein Sportpark, der 2001 im noblen Magdeburger Stadtteil Herrenkrug eröffnete und für den er als Geschäftsführer fungierte, war nach wenigen Monaten insolvent. Auch sein nächstes Projekt, ein Fitnesscenter in Schönebeck, hatte keinen Erfolg. 2007 zog er nach Tschechien zu seiner Freundin, versuchte sich dort als Betreiber einer Pension. Als 2010 auch dieses Kapitel endete, fand er durch Zufall nach Hilden (NRW), trat beim dortigen Tennisclub die Stelle als Chefcoach an, die er nun aus Gesundheitsgründen quittierte.

"Die Wende kam für mich 20 Jahre zu spät", sagt Emmrich. Doch verbittert klingt er nicht. „Ich bekam zwar keine Millionen, sondern nur Kristallvasen. Aber ich musste nicht zur Armee, hatte mit 24 eine eigene Wohnung und einen Trabi. Das war doch damals was!“ Heute freut er sich darüber, dass Tennis in seiner Familie weiterlebt: Seine Kinder Manuela und Martin spielen auch. Martin war Doppelspezialist, schaffte es bis auf Platz 35 der ATP-Liste, trainiert nun seine Ehefrau, die niederländische Profispielerin Michaëlla Krajicek. Und Thomas selbst betreibt ja auch weiter Ballsport. Sein aktuelles Golf-Handicap liegt bei 15,9. Sebastian Krüger

 

Steckbrief:

Anfänge: 1953 in Berlin geboren. Mit 14 Jahren Schülermeister im Tennis. 1978 zog er nach Magdeburg, wo er besser trainieren konnte.

Zwei Diplome: als Ingenieur für Elektroenergieanlagen und als Sportlehrer

Erfolge: 48 DDR-Titel im Einzel und Doppel; 1998 bis 2003 Sieger der Senioren-EM; 2005 Sieger der Ü50-EM