Menü
SUPERillu
Made with in Offenburg
© K. Winkler 
Unvergessener Schauspieler

Rolf Ludwig: Das war der Grund für sein Alkoholkonsum

Er war ein Schelm und Suffkopp: Das Publikum liebte seinen Schalk und seine Menschlichkeit. Was viele nicht wissen: Rolf Ludwig litt unter einem Trauma. Seine Witwe Gisela erinnert sich

Für Millionen verbindet sich sein Name mit dem DEFA-Märchenfilm „Das Feuerzeug“. Kein anderer hätte den gewitzten Soldaten so nachhaltig spielen können wie Rolf Ludwig. „Durch die Rolle ist er für die Leute lebendig geblieben“, sagt Gisela Ludwig, die mit dem Schauspieler die letzten neun Jahre seines Lebens verheiratet war. Und sie erzählt von einem Urlauber, der vor ein paar Jahren vor ihrer Tür in Stoben stand. „Er wollte den lustigen Soldaten sehen, der ihn als Kind so begeistert hat und dessen Lied „Eins, zwei, eins, zwei - so zieh ich durch die Welt“ er noch im Ohr hatte.“ Rolf Ludwig starb am 27. März 1999. „Er hat gekämpft, bis sein Herz stehen blieb“, erinnert sich die 63-Jährige an die schwerste Zeit ihres Lebens.

© ​​​​​​​Icestorm
Das Feuerzeug: Seit 1959 zieht der DEFA-Märchenfilm mit Rolf Ludwig in der Hauptrolle Alt und Jung in Bann

Eine große Theaterkarriere

„Das Feuerzeug“ wurde 1959 gedreht. Zu der Zeit war Rolf Ludwig an der Berliner Volksbühne in Goldonis „Diener zweier Herren“ auf dem bestem Weg zu einer großen Theaterkarriere. Die Rolle machte ihn weit über die Grenzen der DDR hinaus bekannt. Wer ihn als Truffaldino erlebt hat, erinnert sich seiner scheinbaren Hemmungslosigkeit, mit der er über Tische und Stühle sprang und das Publikum mitriss. „Rolf hatte die wunderbare Gabe, die Leute aus dem Nichts heraus zu begeistern. Sogar wenn man ihn nicht verstand.“

Schmunzelnd erinnert sich seine Witwe an eine Begebenheit in Rom. Sie hatte ihren Mann 1991 zu Dreharbeiten für den Film „Stein“ begleitet. „Wir saßen in einer Kneipe und warteten aufs Essen. Plötzlich sprang Rolf auf den Tisch und gab den Truffaldino. Die Italiener verstanden zwar kein Wort, aber sie erkannten das Stück und klatschten vor Begeisterung. Das war Rolf wie er leibte und lebte.“ Thomas Langhoff, Intendant des Deutschen Theaters, sagte über ihn: „Er war einer der letzten Schelme dieser Welt.“

© K. Winkler 
Das Trio: 1991 drehte der Schauspieler in einem der letzten DFF-Filme zusammen mit Kollegin Andrea Solter

Schicksalhafte Begegnung: So lernte Gisela Ludwig ihren Mann kennen

Gisela Ludwig hätte ihren Mann vielleicht nie kennengelernt, gäbe es da nicht die Episode aus dem Jahr 1947. „Meine Mutter war Schauspielerin an der Dresdener Volksbühne und musste mich mitnehmen. Der Pförtner ließ sie mit Baby aber nicht rein. „Mir sin geen Gingergorden“, meckerte er. Da kam Rolf als rettender Engel. In einer alten Einkaufstasche schmuggelte er mich in die Garderobe.“

Diese Geschichte wurde in ihrer Familie weitergetragen, so dass Gisela sie auch eines Tages erfuhr. 1990 traf sie den Taschenträger bei der „Totenfeier“ für den Palast der Republik. „Rolf hatte dort oft im TiP gespielt, und ich leitete damals den Jugendtreff. Als ich an ihm vorbei musste, sprach ich ihn an. Er reagierte sehr abweisend. Es war nicht sein Stil, sich von jungen Damen ansprechen zu lassen.“

Das Eis brach, als Gisela ihm von seiner Hilfsaktion erzählte. „Er lud mich zum Bier ein, dann nahm alles andere seinen Lauf. Rolf hatte vor Jahren seine Frau Ilse verloren, und ich spürte, dass er einen Menschen vermisste, der ihm Geborgenheit gab.“ Durch ihren Mann lernte Gisela, wie er sie nannte, die Theater in Westberlin kennen. „Anfang der 90er sahen wir uns im Gripstheater ein Kinderstück an. Rolf war ganz angetan von dem Hauptdarsteller, einem kleinen untersetzten Jungen. Aus dem wird mal was, meinte er damals.“ Vergnügt hält Gisela inne und verrät dann: „Der Junge war Axel Prahl!“

© J. Weyrich | SUPERillu
Witwe Gisela erinnert sich an die erste Begegnung mit ihrem späteren Mann Rolf Ludwig

Der Grund für seine Tragik

Rolf Ludwigs Tragik war der Alkohol. „Zu Hause trank er keinen Tropfen, nicht mal zu Silvester. Er brauchte die Geselligkeit in der Kneipe. Der Geruch zog ihn magisch an. Er kannte seine Schwäche. „Ich bin ein Suffkopp!“ hat er mir immer gesagt“, erzählt Gisela Ludwig. Sie tat alles, um ihn vor Abstürzen zu bewahren. Es sollte ihm nicht wie Harald Juhnke ergehen. „Ich holte Rolf immer vom Theater ab, denn auf dem kurzen Weg zu unserer Wohnung lag eine Kneipe neben der anderen.“

Der tiefe Grund für seine Sauferei lag in der Kriegszeit. „Rolf war 1944 in Gefangenschaft geraten. Zum Spaß hatte man ihn an die Wand gestellt und eine Erschießung simuliert. Das war sein Albtraum, der immer wiederkam, den wollte er vergessen. Als er 1947 entlassen wurde und gleich erfolgreich auf der Bühne stand, ging die Post ab.“ Ähnlich wie der Soldat im „Feuerzeug“ war Rolf großzügig, lud oft die ganze Kneipe ein. Nach einer schweren Herzoperation 1994 gab er das Trinken auf. Vier Jahre später stellte man nach zwei überstandenen Lungenentzündungen ein Karzinom fest. „Es war zu spät, um noch etwas zu tun“, sagt Gisela Ludwig. Er starb in Berlin in ihren Armen. „Am Abend zuvor saß er auf dem Sofa und sagte: Gisel, das war's. Ich hatte ein tolles Leben.“

Nach seiner Einäscherung im Krematorium Meißenwurde Ludwig in Benz auf der Insel Usedom beigesetzt.

© ​​​​​​​K. Winkler
Optimistische Tragödie: Star-Besetzung des TV-Films 1985 mit Renate Richter, Rolf Ludwig und Hilmar Thate