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Karat

Mein Vater Herbert Dreilich

Der Krieg um Karat: Christina, die Tochter des legendären Rock-Sängers, hielt sich lange zurück. In SUPERillu nimmt sie zum ersten Mal öffentlich Stellung

Es duftet nach Advent. Nach Früchtetee und der gerade angezündeten Kerze. Herbert Dreilichs Tochter Christina, 41 Jahre alt,  schaut aus dem Fenster, sucht nach den richtigen Worten. Es fällt ihr nicht leicht, über ihren Vater zu sprechen. Sie hat sich lange, sehr lange zurückgehalten. Noch nie hat sich die Krankenschwester aus Erfurt öffentlich über ihren berühmten Vater geäußert. Über Herbert Dreilich, den ehemaligen Sänger der Kult-Band „Karat“.

Offene Worte

Doch jetzt ist alles anders. Wir treffen uns in ihrer kleinen Drei-Raum-Wohnung im Zentrum der Blumenstadt. Christina will loswerden, was ihr sehr am Herzen liegt. Und sie sagt es gleich am Anfang des Gesprächs: „Mein Bruder ist der legitime Nachfolger meines Vaters. Ich kann nicht verstehen, dass diese Frau Karat kaputtmachen will.

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Herbert Dreilichs Tochter Christine B. (links) und Dreilichs Enkeltochter Anna

Verbot

Ihr Bruder, das ist Claudius Dreilich, der Sohn aus Herbert Dreilichs zweiter Ehe mit Uta Schnelle (starb 2003). Er hat die Nachfolge seines Vaters nach dessen Tod (am 12. Dezember 2004) als Lead-Sänger der Gruppe Karat angetreten. Mit „dieser Frau“ meint sie Susanne Dreilich, mit der Herbert seit 1994 verheiratet war. Sie hat der Band verboten, ab dem 1. Januar 2006 den Namen „Karat“ zu benutzen. Mit anderen Worten: Karat darf ab Neujahr nicht mehr Karat sein. Hintergrund: Dreilich hatte sich 1998 beim Patent- und Markenamt in München den Gruppen-Namen schützen lassen und dieses Recht seiner Witwe vererbt.

Konzert

Herbert Dreilich und Karat, so die Auffassung der Witwe, seien untrennbar verbunden. „Ich habe die neuen Karat mit Claudius als Sänger in Erfurt gesehen“, sagt  Christina, „das Konzert war einzigartig. Ich war begeistert, wie sehr mein Bruder das Publikum gefesselt hat. Auch deshalb, weil er in Stimme und Aussehen meinem Vater sehr ähnelt.“ Dieses Konzert am 9. April 2005 im Erfurter Club „dasdie“ hat für Christina und Claudius eine ganz besondere Bedeutung: Sie begegneten sich nach langer Zeit das erste Mal wieder, fühlten so etwas wie Familie.

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Die Autogrammkarte hat Herbert Dreilich seiner Enkeltochter Anna geschickt

Vorgeschichte

Christina wurde 1964 in Halle geboren. Ihre Eltern sind Herbert Dreilich und seine damalige Frau Heide. Doch ihren Vater lernte sie kaum kennen, er verließ die Familie eineinhalb Jahre nach ihrer Geburt. Es gibt kaum Kontakt. Als sie ungefähr 14 Jahre alt war, fand sie es „schau“, dass ihr Vater der Sänger von Karat war. Sie nahm Kontakt auf, er lud sie ein, die Gruppe auf einigen Konzertreisen zu begleiten. Dabei lernte sie auch den damals achtjährigen Claudius kennen. Doch schon nach ein, zwei Jahren schlief diese lockere Verbindung zwischen Vater, Tochter und Bruder wieder ein.

Verschwunden

Wenn Christina  darüber spricht, von den Briefen ihres Vaters, in denen er zu erklären versucht, warum er nie für seine Tochter Zeit hatte, dann versagt ihre Stimme, sie starrt die Wand an, wirkt traurig. Und verletzt. „Er verschwand aus meinem Leben, ich aus seinem“, sagt sie lakonisch. Vielleicht wäre es auch so geblieben, aber Christina  hat eine Tochter: Anna, 16 Jahre alt, neugierig, fröhlich und Herbert Dreilichs einzige Enkelin. Sieh mal, hat sie zu ihrer Mutter gesagt, als sie davon erfuhr, dass ihr Onkel Claudius jetzt Frontmann bei Karat ist, wir sind doch eigentlich eine große Familie. Wir sollten uns kennen lernen. Denn ihr Opa war, was kaum einer wusste, Vater von vier Kindern.

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Der junge Vater Herbert Dreilich mit seiner Tochter Christina

Wiedervereinigung

„Ich habe mich so gefreut, als mich meine Schwester nach dem Konzert in Erfurt ansprach“, erzählte Claudius Dreilich SUPERillu im Oktober. Seitdem haben sie oft telefoniert. Mit seiner Nichte Anna tauscht er nahezu täglich E-Mails. Eine zersprengte Familie beginnt zueinander zu finden.Susanne Dreilich hatte zu den Kindern ihres Mannes kaum eine Beziehung. „Vom Tod meines Vaters habe ich aus der Zeitung erfahren“, sagt Christina. „Und zur Beerdigung wurde ich auch nicht eingeladen.“ Gedankenverloren rührt sie in ihrem Tee.