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Die Insel mal anders

Ein Sommer-Wochenende am Rügischen Bodden

Putbus ist ein Ort mit bedeutender Geschichte und schöner Natur. Folgen Sie uns in den ruhigen Süden der Ostseeinsel.

Mit gleich zwei Superlativen kann Putbus aufwarten: Zum einen ist sie die jüngste Stadt der Insel Rügen und zum anderen hat sie mit ihrem Ortsteil Lauterbach das älteste Seebad auf der Insel und in Pommern. Wir verraten Ihnen unsere besten Tipps für ein ereignisreiches Sommer-Wochenende in Putbus und am Rügischen Bodden.

Geschichten aus Putbus am Rügischen Bodden: Die Treibholz-Sammler 

Es sind Geschichten vom Meer, vom Reisen, vom Verlieren und Wiederfinden, die ein auflandiger Wind an die Küste vor Putbus schwemmt. Treibholz, Seeglas, alte Taue. Und da sind zwei, Ben und Juliane, die all dies sichten und sammeln – und diesen Fundstücken in kleinen Kunstwerken neue Bedeutungen geben.

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Szenen auf der Insel Vilm oder das Eiland im Hintergrund (hinten links) sind beliebte Motive von Landschaftsmaler Egon Arnold, der seit 20 Jahren hier zu Hause ist

„Ein Tag am Meer“ heißt beider Projekt. So schlicht. So betörend. Die Schönheit, die Wertigkeit im ganz Einfachen finden. Das ist die Idee, für die ihre aus Treibgut transformierten Figuren, Collagen, Windspiele stehen. Ein Spiel mit Emotionen, mit Vergänglichkeit. Eines, das unweigerlich den Blick schärft für den Zauber der Natur, die einen hier umgibt: am eher ruhigen Rügischen Bodden, wo der Massentourismus aus dem nahen Binz nur noch als leises Echo verhallt.

Putbus: Ruhe und Natur statt Binzer Massentourismus

Die Region um Putbus ist anders. Und sie vermag, Menschen zu formen. Benjamin Treu und Juliane Dressel haben dieses Sich-Verändern selbst erlebt. Ihr Ausstieg aus vielen Jahren der „Turbo-Gastronomie“, ihr Sich-Einlassen auf ein Künstlerdasein erzählen davon. Auch andere spürten dieses Wandeln: Bootsrestaurator Philipp Schwitalla etwa, der sich nach Jahren wilder Wanderschaft von Prag bis Berlin „hierher nach Posewald geträumt hat“. Der aus Holz, das er heute „verfestigtes Sonnenlicht“ nennt, nun seine Vision von einer eigenen Bootslinie („pur Holz, sonst nix“) verfolgt. Oder der Maler und Grafiker Egon Arnold.

Der, nach 20 Jahren experimenteller, atemloser Kunst in Berlin, „hier zum Landschafter geworden“ ist. Er malt Szenen der Insel Vilm, Bäume im Putbuser Schlosspark und Landschaften, in denen stilistisch vieles an die Tradition großer Romantiker wie Caspar David Friedrich erinnert, der selbst Fan dieser Region war. „Heimatmaler ist für mich kein Schimpfwort“, sagt Arnold, es sei eher ein „Ausdruck der Hingabe und des Ankommens“.

Hotel und Restaurant in Putbus: Wreecher Hof

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Sieben frei stehende, reetgedeckte Häuser, ein gutes Restaurant, Wellnessangebote, idyllische Lage: Dafür steht der „Wreecher Hof“ (DZ ab 119 Euro). Kastanienallee 1 in Putbus-Wreechen, Tel. 038301/850.

Klassizistische Architektur in Putbus

Es ist vielleicht doch Fürst Wilhelm Malte zu Putbus' (1783-1854) langer Schatten, der dafür sorgt, dass Putbus und all die kleinen Weiler an den südlichen Ausläufern Rügens zwischen Wreechen, Goor und Beuchow ein bisschen wie aus der Zeit gefallen wirken. 1810 war's, als Fürst Malte die Residenzstadt mit ihrer weißen klassizistischen Architektur gründete. Mit ihrem „Circus“ genannten Rondellplatz. Mit ihrem 75 Hektar großen, verträumten Schlosspark. Mit ihrem weiträumigen, von eleganten Säulengängen gerahmten „Badehaus Goor“ am Hafen Lauterbach. Dieses zeitlose Erbe scheint den Ort – allen Moden und Tempi zum Trotz – in seiner beschaulichen Balance zu halten.

Lauterbach: Deutschlands ältestes Seebad

Wir sind am Hafen Lauterbach, der irgendwie immer noch eine Ruhe ausstrahlt, als hätte der Fürst hier erst neulich Rügens erste Badeanstalt gegründet. Fischer Gerd Jeschke flickt in moderatem Tempo seine Netze, „weil's gerade nicht lohnt, auf Barsch und Flunder zu gehen“. Sein Sohn Karl hübscht mit blauer Farbe den familieneigenen Zehn-Meter-Kutter auf. Ein paar Ausflugsschiffe dümpeln am Kai, ein bisschen Marina-Feeling gibt's obendrauf. Es geht gemütlich zu zwischen „Jenny's Hafencafé“, der kleinen Eisdiele „Al Porto“ (Kugel: 1 Euro) und dem Räucherschiff „Berta“, wo der warme Backfisch im Brötchen täglich ab 11 Uhr für 3,80 Euro über die Reling geht.

Wasserferienwelt Im Jaich

Gleich ums Eck ist Till Jaich zu Hause. „Verliebt“ hat auch er sich in diese Ecke, vor über 20 Jahren. Der Schleswig-Holsteiner, von Haus aus Architekt, ist hier, wo „vieles behutsam gewachsen ist und authentisch bleiben will“, mit seiner Familie längst heimisch geworden. Die Wasserferienwelt „Im Jaich“ mit ihren Landhausapartments, Pfahlhaussuiten und schwimmenden Ferienhäusern ist inzwischen weithin bekannt. Manche der Oasen auf dem Wasser mit eigenem Bootsanleger sind von Stammgästen über Jahre vorgebucht. Beleg dafür, wie viele hier „ihren Sehnsuchtsort“ gefunden haben. „Im Jaich“ ist auch Heimathafen für bis zu 400 Boote und Jachten. Und ein perfekter Ort zum Segeln (geführte Törns, Wassersportschule etc.), Boddenangeln oder einfach zum entspannten Abtauchen.

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„Im Jaich“ – das sind schwimmende Häuser, eine Marina, eine Segelschule. Kurzum: ein herrlicher Ort, um komplett abzuschalten.

Radtouren und Wanderungen rund um Putbus

Wo andernorts weite Sandstrände mit Dauerbespaßung locken, setzt die Region um Putbus auf Natur pur: Radtouren unterm Blätterdach stattlicher Alleen. Ein Spaziergang an romantischen, schilfgesäumten Boddenpfaden. Bei Wreechen gibt's eine schöne Liegewiese fürs Badevolk. Ein außergewöhnliches Naturerlebnis verspricht eine Wanderung durch den Goorwald.

Biosphärenreservat Südost-Rügen

Am besten mit der Landschaftsökologin Steffi Deickert, die diesem Teil des Biosphärenreservats Südost-Rügen vor einigen Jahren ihre Diplomarbeit an der Uni Greifswald gewidmet hat. Darin hat sie die Idee eines „Pfads der Muße und Erkenntnis“ entwickelt. Also eine Tour, die nicht nur die Schönheiten dieses „Urwalds“ von den stattlichen Rotbuchen über uralte Hügelgräber bis zur Vielfalt der Tierwelt zeigt, sondern unmittelbar erfahrbar machen will, wie der Goorwald auf all unsere Sinne wirkt. Wie diese Wildnisinseln zum Kraftquell werden können. Aus der akademischen Theorie ist jetzt ein konkreter Wanderpfad geworden, über den Sie Steffi Deickert gern führt.

Essen gehen in Putbus: Restaurant Marstall

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Putbus kulinarisch und mit frischen Ideen: Multitalent Marco Matuschak setzt auf regionale Produkte. Fleisch und Wurst liefern u. a. seine Rügener Wasserbüffel. Restaurant Marstall, Parkstr. 1, tgl. ab 11 Uhr, gelegentlich Live-Musik, Tel. 038301/88 80 08

Ausflug zur Insel Vilm

Ein Lotse durch eine ganz besondere Landschaft ist auch Andreas Kuhfuß, der von sich sagt, dass er „das Beste aus seinen zwei beruflichen Welten“ hier am Rügischen Bodden für sich zusammengeschnürt hat: den Marine-Kapitän, der er in jungen Jahren war, und den späteren Angestellten einer Naturschutzbehörde. Heute ist der Käpt'n auf der „Julchen“, einer schmucken Reederbarkasse. Und einer der ganz wenigen, der Touristen in kleinen Gruppen von Lauterbach auf die Insel Vilm shutteln darf. Sie war einst Fürstens Sommersitz, auch mal Ferieninsel des DDR-Ministerrats. Heute steht sie unter strengem Naturschutz. Über einen drei Kilometer langen Rundweg führt Kuhfuß seine „kleinen Expeditionen“. Erzählt von 400 Jahre alten Bäumen, von den 500 Pflanzenarten, die sich hier entwickelt haben. Von der „lausigen Gastronomie Vilms“ (es gibt keine!). Und rühmt die Fernsicht vom Kaiserstuhl (den gibt's wirklich! 30 Meter ü. d. M.), die bisweilen bis Ruden und Usedom reicht (Tipp: rechtzeitig buchen via Vilm Exkusion).

Altstadt Führung in Putbus

Was für die Insel Vilm eh ein Muss ist, sollte auch für Putbus' Altstadt gelten: Erkunden Sie die fürstliche Szenerie an der Seite eines kundigen Führers. Warum der „Circus“ sein Vorbild im englischen Bath hat? Was ein „Achtort“ wie dieser mit den Proportionsschlüsseln der Gotik zu tun hat und wo er gar zu den Freimaurern führt? Oder auch: Warum im englischen Schlosspark kein Schloss (mehr) steht, dafür aber Riesenmammutbäume aus Südkalifornien? Auf all diese Fragen hat einer die Antwort: Stadtführer Ralf Marius Bittner, buchbar via Putbuser Kurverwaltung, Alleestraße 35 (an der Orangerie).

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Ein Händchen für Rosen: Gerhard Prill war Gärtner in Berlin, im „rügischen Ruhestand“ kümmert er sich ehrenamtlich um die Rosenpracht von Putbus.

Der Rosendoktor von Putbus

Und wenn Sie bei Ihren Streifzügen über den Markt, entlang des Theaters, durch die schönen Galerien der Stadt („Circus 1“, ebendort; „Rotklee“, Markt 10) plötzlich auf einen Mann in Latzhose und buntem Strohhut treffen, der an einer der inzwischen 658 „öffentlichen“ Rosen des Ortes frickelt, zupft und schnippelt – dann sprechen Sie ihn ruhig an. Es ist Gerhard Prill. Der „Rosendoktor“ von Putbus. Und damit auch so ein Wahrer des Erbes von Fürst Malte. Dieser hatte nämlich einst verfügt, dass vor den weißen Häusern der Stadt Rosen blühen sollten. Nun ist auch der „Doc“ einer, der sein Herz ans Rügische Boddenland verloren hat. „Wenn sich's ausgeht, wollte ich als Rentner hier wohnen“, sagt der 73-Jährige. Es ging sich aus. Sein Leben als Gärtner einer Baumschule in Berlin wollte er eigentlich zurücklassen. Nur: Putbus hatte andere Pläne mit „Prilli“ ...