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Interview

Angelica Domröse: Die Alkoholkrankheit der Schauspielerin

Ihre erste Ehe zerbrach an der Trinkerei ihres Mannes Jiri Vrstala. Später wurde Angelica Domröse („Die Legende von Paul und Paula”) selbst alkoholkrank. Jetzt kann sie darüber reden

Zwischen Vrstala und Ihnen war es Liebe auf den ersten Blick. Wie war diese Zeit mit ihm?

Jiri war ein wunderbarer Mensch. Ich war 24, er 45, als wir uns kennen lernten, und ich hatte in seiner Nähe das Gefühl von Wärme. Bis der Alkohol ihn so veränderte, dass unser gemeinsames Leben unerträglich schwer wurde. Alles, was zwischen zwei Menschen schön, einmalig war, wird täglich kleiner und scheint irgendwann nicht mehr wahr.

Deshalb verließen Sie ihn 1975?

Ich konnte ihm nicht helfen. Das machte mich unglücklich. Ich habe damals nicht einmal verstanden, dass das eine Krankheit ist. Nach den Dreharbeiten zu „Daniel Druskat“ habe ich meine Koffer gepackt. Ich musste mich entscheiden, für die eigene Arbeit - oder dazu, Jiris Krankenschwester zu werden. Heute weiß ich, und das habe ich selbst erfahren, dass man anders reagieren muss. Jiri schaffte den Entzug dann Mitte der Achtziger. Er starb 1999 an Krebs.

Was bedeutet „Das habe ich selbst erfahren“?

Ich habe Ende der Achtziger bis Mitte der Neunziger das Gleiche durchgemacht wie Jiri. Ich spielte eine komplizierte Rolle nach der anderen. Ich habe getrunken, um einschlafen zu können, trank, wenn ich fröhlich war, auch wenn ich traurig war. Dann kam die Angst, dass ich ohne Alkohol keine Phantasien mehr habe. Ich habe darin Kraft gesucht. Plötzlich ging es gar nicht mehr ohne.

Wann haben Sie gespürt, dass Sie Hilfe brauchen?

Als ich anfing, heimlich zu trinken. Das war so demütigend. Ich habe immer gern ein Glas Sekt getrunken, dachte, ich kann aufhören, wenn ich will. Dann habe ich ein paar Wochen oder Monate darauf verzichtet. Manchen Mut und manche Leichtigkeit in meinen Rollen hätte ich ohne den Alkohol nicht gefunden. Aber es ist ein satanisches Spiel.

Was half Ihnen dann?

Ich hatte Hilmar. Er ist nicht gegangen. Seine Hilfe wirkt wie Grausamkeit. Er hat mich bloßgestellt. Wenn jemand für mich anrief, sagte er: „Die können Sie nicht sprechen, die ist besoffen.“ Ich habe zwei Entziehungen gemacht und wurde wieder rückfällig. Erst bei der dritten habe ich kapiert, dass auch das kleinste Glas Sekt tabu ist. Jetzt lebe ich das neunte Jahr ohne.

Reden wir über Thate. War die Trennung von Jiri Vrstala der Beginn Ihres Lebens mit Hilmar?

Ja. Nach den Dreharbeiten für „Daniel Druskat“ entschieden wir uns, ohne Kompromisse in unser gemeinsames Leben zu gehen. Hilmar war schon geschieden, ich verließ Jiri. Wir wollten ganz klare Verhältnisse, so schwer das auch ist für den, den man allein lässt. Im Film bin ich gestorben, im Leben war ich neu geboren.

Keimte da eine alte Leidenschaft neu auf? Sie kannten sich vom Berliner Ensemble.

Nein. Wir wussten nach so vielen Jahren so gut wie nichts mehr voneinander. Hilmar war nicht uninteressiert damals, ja. Aber ich hatte meine Studentenliebe Bambi. Außerdem war Hilmar zehn Jahre älter als ich und hatte einen Sohn. Als wir uns 1975 wiedersahen, waren wir beide um vieles reifer geworden.

Hilmar Thate und Sie sind ein Paar, das eine besondere Aura umgibt. Woher mag das kommen?

Ich glaube, es ist das, was uns miteinander verbindet. Der Weg, den wir zusammen gehen, ist jetzt 28 Jahre lang. Und wir haben viele, viele Dinge miteinander durchgestanden. Wir haben uns die Kraft und den Mut gegeben, den ganz schweren Schritt zu tun und die DDR zu verlassen. Einen ganz neuen Anfang unter den Bedingungen der freien Marktwirtschaft zu suchen. Das war schwer. Und es brachte uns Schmerzen, und manchmal Verzweiflung.

Sie waren immer sehr attraktiv. Standen die Männer Schlange?

Ja, auch am Bühneneingang, doch ich kannte solche Trophäenjäger. Aber ich ließ mich nicht sammeln und war auch nie eine Sammlerin.

Darf ich Sie fragen, warum Sie keine Kinder haben? Hilmar ist doch sehr kinderlieb.

Wir wollten beide ein Kind. Es dauerte nicht lange - während der Dreharbeiten zum Fernsehfilm „Fleur Lafontaine“ wurde ich schwanger. Ein Wunschkind. Ich war Ende Dreißig. Aber wir haben unser Kind verloren. Danach war nichts mehr möglich.

Haben Sie das verwunden?

So etwas tut immer weh. Man kommt nie wirklich darüber weg.